Kooperation

Vom Entwicklungsraum zur Kooperationsgemeinschaft


„Unsere Kirche steht vor großen Herausforderungen“, lesen und hören konnte man das in den letzten Jahren überall. Der prognostizierte Rückgang der Kirchenmitglieder und damit auch der Kirchensteuereinnahmen, beschäftigt alle, die mit Kirche zu tun haben regelmäßig und daneben steht noch der gefühlte, sogenannte „Relevanzverlust“: Verliert die Kirche in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung?

Zwei Fragen, die eng miteinander zusammenhängen. Um bedeutsam zu bleiben, Menschen auf ihrem Lebensweg gut zu begleiten, sich fundiert und vielstimmig in gesellschaftliche Fragen einzumischen, muss Kirche beweglich sein und auch strukturell gut aufgestellt.

Dies wird nicht ohne Einschnitte möglich sein. Unsere Gesellschaft verändert sich und mit ihr auch das religiöse und kirchliche Leben. Wie können wir dem begegnen?


Unter anderem wurde von der Synode der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg als Antwort auf diese Fragen im Jahr 2018 ein neuer Rahmenpfarrstellenplan vorgestellt, der vorsieht, dass von den aktuell vorhandenen 250 Pfarrstellen in der Oldenburgischen Kirche im Jahr 2030 noch 173 vorhanden sein werden. Von der Kreissynode wurde dann im Mai 2019 festgelegt, dass Ganderkesee und Schönemoor im Jahr 2030 gemeinsam über 4,5 Stellen verfügen werden. Die Gemeinden Schönemoor und Ganderkesee bilden demnach einen Entwicklungsraum und waren in diesem Zusammenhang dazu aufgerufen worden, über die Zusammenarbeit und die Verteilung der Pfarrstellen auf dieser Basis nachzudenken.



Zusätzliche Relevanz bekam dies mit dem Weggang von Pastorin Susanne Wöhler und der damit verbundenen Ausschreibung der Pfarrstelle Schönmoor. Sollten nun bereits 25 % Stellenanteil eingespart werden um das angepeilte Ziel für 2030 zu erreichen? Die beiden Kirchengemeinden gründeten den sogenannten Entwicklungsraumausschuss, der sich mit den Fragen der weiteren Zusammenarbeit beschäftigt. Dabei bekamen wir Unterstützung durch Andreas Zuch von der Gemeindeberatung der Kirche Oldenburg.

Es war gerade zu Beginn ein schwieriger Prozess, indem sich die beiden Gemeinden aber auch die Bezirke der Kirchengemeinde Ganderkesee zunächst einmal besser kennenlernen mussten, um die jeweiligen spezifischen Prägungen und Besonderheiten zu verstehen, Ängste und Sorgen benennen zu können und einander vertrauensvoll zu begegnen.



Entstanden ist in dieser doch kurzen Zeit eine Gruppe von engagierten Haupt- und Ehrenamtlichen, die sich mit viel Umsicht und unter regem Austausch damit auseinandersetzte wie die Zukunft unserer Gemeinden denkbar ist. Wichtig ist uns dabei geworden, nicht nur auf die personellen und finanziellen Fragen zu blicken, sondern auch die Gemeindeentwicklung, das spirituelle Leben und unsere Verantwortung als Kirche in der Welt mit zu bedenken.

Im Juli 2020 kam es bei einem Arbeitswochenende zum entscheidenden Moment, als plötzlich im Raum stand, beide Kirchengemeinden könnten zusammen eine neue Kirchengemeinde bilden und so gemeinsam den zukünftigen Herausforderungen begegnen. 

Dieser Zusammenschluss ist für das Jahr 2025 angedacht. Auf dem Weg dorthin bilden unsere Gemeinden eine Kooperationsgemeinschaft. Das bedeutet, schon jetzt wirken wir darauf hin, unsere Arbeit enger als bisher zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Dazu wurde zwischen den beiden Gemeinden ein Vertrag geschlossen. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Pfarrstelle Schönemoor mit 75 % ausgeschrieben wird. Von diesen 75% werden allerdings im Laufe der weiteren Entwicklungen bis zu 25 % in die Arbeit in der Kooperationsgemeinschaft fließen. Dies geschieht auch im Hinblick darauf, dass die Gesamtzahl der Pfarrstellen für beide Kirchengemeinden 2030 nur noch 4,5 Stellen umfassen wird und somit auch in Ganderkesee zukünftig mit erheblichen Einschnitten zu rechnen ist. 

Der Entwicklungsraumausschuss ist mit der inhaltlichen Gestaltung der Zusammenarbeit betraut. Das heißt, er erarbeitet Konzepte, nach denen in den unterschiedlichen kirchlichen Handlungsfeldern (z.B.: Gottesdienst, Seelsorge, Konfirmandenarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Haushalt-, Kassen und Rechnungswesen, Arbeit der Kirchenbüros) zusammengewirkt werden kann. Der Wunsch der Bezirke und Gemeinden, dass jeweils eine Pfarrperson einem Bezirk zugeteilt bleibt, wird dabei berücksichtigt, gleichzeitig sind alle zur engen Zusammenarbeit verpflichtet. Es gründet sich zudem eine Vollversammlung, die sich aus den Gemeindekirchenräten Schönemoor und Ganderkesee zusammensetzt. Stimmberechtigt sind aus beiden Gemeinden jeweils 5 Personen. Dieses Gremium berät und beschließt die Im Entwicklungsraum erarbeiteten Maßnahmen.


Davon abgesehen bleiben bis zum erhofften Zusammenschluss der Kirchengemeinden die rechtliche Selbständigkeit der Kirchengemeinden und die kirchengesetzlichen Entscheidungskompetenzen der Organe der Kirchengemeinden und der Pfarrämter unberührt.


Es ist richtig, wir stehen vor großen Herausforderungen und ohne Einsparungen wird Kirche nicht zukunftsfähig sein können. Manches werden wir loslassen müssen und mancher Verlust wird uns schmerzen. Es ist nicht zu leugnen, dass der Wegfall von 1,25 Pfarrstellen ein Einschnitt bedeutet, der uns erschrecken kann. Am Anfang saßen auch wir im Entwicklungsraumausschuss dem mit Unbehagen gegenüber, doch im Laufe der Zusammenarbeit ist bereits viel Gutes zwischen uns gewachsen. Ich danke allen, die uns auf diesem Weg bisher unterstützt haben und bitte Sie als unsere Gemeindemitglieder, fragen Sie gerne auch kritisch nach, begleiten Sie diesen Prozess und helfen uns einander zu verstehen und miteinander Kirche zu sein.

Heute glaube ich, dass wir gemeinsam auf einem guten Weg sind, diese Hürde zu meistern und uns zu einer starken Gemeinde entwickeln können, die mit Schaffenskraft, Freude und dem nötigen Gottvertrauen in die Zukunft geht und sich dabei gegenseitig den Rücken stärkt.


Ihre Pastorin Julia Klein


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